Innsbrucker Stadtnachrichten
Jg.1984
/ Nr.8
- S.16
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Die dritte Schlacht am Bergisel
Im Frieden von Preßburg (26.
Dezember 1805) mußte Kaiser
Franz I. von Österreich das
Land Tirol an Bayern abtreten,
das als Satellitenstaat von
Napoleon Bonaparte (* 1769,
f 1821) abhängig war. — Im
Von Dr. Herbert Woditschka
Jänner 1809 weilte Andreas
Hofer (1767-1810), der Sandwirt vom Passeier, bei Erzherzog Johann in Wien, wo die Koordinierung des von Österreich
unter anderem zur Rückeroberung Tirols geplanten neuerlichen Krieges gegen Napoleon
mit einer bewaffneten Erhebung des Tiroler Volkes vereinbart und den Tirolern die Unterstützung durch österreichische Truppen zugesichert wurde.
Anfang April brach dann der
Aufstand los, und am Ende des
Monats war Tirol mit Ausnahme von Kufstein in österreichischer Hand. Eine neuerliche
Besetzung des Unterinntals,
verbunden mit fürchterlichen
Greueltaten durch die bayrische
Soldateska, im Mai wurde
durch die Initiative Andreas
Hofers am 25. bzw. 29. Mai am
Bergisel mit großem Erfolg zurückgeworfen. Zur gleichen
Zeit erließ Kaiser Franz, durch
den Sieg von Aspern ermutigt,
das verhängnisvolle Handbillett
aus Wolkersdorf (Niederösterreich), worin er versprach, daß
er künftig „keinen Frieden
schließen wolle, der Tirol wieder von Österreich trennen
würde". Durch die Niederlage
von Wagram jedoch war Erzherzog Karl, der Oberkommandant der österreichischen Truppen, gezwungen, den Waffenstillstand von Znaim (12. Juli)
zu schließen, der auch die Reste
der österreichischen Truppen,
die nach der Niederlage von
Wörgl (13. Mai) noch im Lande
verblieben waren, zum Verlassen Tirols zwang. Das Land war
damit auf sich allein gestellt.
Auf Befehl Napoleons brach
Marschall Lefèbvre am 27. Juli
mit zwei bayrischen Divisionen
unter Kronprinz Ludwig und
General Deroy und einer sächsischen Division unter General
Rouyer — insgesamt 20.000
Mann — neuerlich von Salzburg
auf und erreichte am 30. Juli
Innsbruck. A m 1. August erhielt die sächsische Division den
Befehl zum Vorstoß nach Brixen, doch wurde am 4. und 5.
August eines ihrer Regimenter
in der sogenannten „Sachsenklemme" südlich von Sterzing
vernichtet. Lefèbvre begab sich
hierauf selbst mit 7000 Mann in
den Raum Sterzing, wo er sich
jedoch von den Kompanien der
Tiroler Schützen eingekesselt
sah. So mußte er sich über den
Brenner nach Innsbruck zurückziehen. Auch bei der Pontlatzer Brücke bzw. bei Prutz im
Oberinntal mußten die Bayern
am 8./9. August eine schwere
Niederlage hinnehmen. Der Tiroler Landsturm war nämlich
dem Aufruf Andreas Hofers
vom 31. Juli gefolgt, in dem
es unter anderem hieß: „Setzet
euer ganzes Vertrauen auf Gott!
Es gilt jetzt nicht die Rettung
unserer Habe, nein, augenscheinliche Gefahr droht unserer heiligsten Religion. Für diese haben wir das Werk begonnen, jetzt handelt es sich um die
Vollendung desselben." Wie
Franz-Heinz Hye nachgewiesen hat (vgl. Der Schiern 1984,
S. 187-194), verwendete Hofer den Titel „Oberkommandant in Tirol" erstmals am
10. August, nachdem er — bis
dahin nur Oberkommandant
im südlichen Landesteil — nach
der Emigration des bis dahin
ill
Befreiungskampf am Bergisel am 13. August 1809. Aquarell von Jakob Plazidus Altmutter, 1819.
(Original: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Repro: Murauer)
Erstrangierenden, Martin Teimer, des Oberkommandanten
im Inntal, auch dessen Funktion
hatte übernehmen müssen und
damit auf dessen ersten Rang
vorgerückt war. Nach den Tiroler Erfolgen bei Sterzing, Pontlatz und in der Lienzer Klause
faßte Hofer den Entschluß, den
Feind am 13. August am Bergisel anzugreifen und erließ am
Vorabend der Schlacht von seinem Hauptquartier am Schönberg aus den Angriffsbefehl.
A m Morgen des 13. August
1809 rückten 15.000 Tiroler
Bauern in ihre Bereitstellungsräume wie in der Maischlacht
ein. Den Oberbefehl hatte A n dreas Hof er; die Truppen am
linken Innufer gegen Hötting
hin befehligte Martin Firler, den
linken Flügel westlich von Natters Georg Bucher, die Truppen
von Natters bis zur Brennerstraße der Kapuzinerpater Joachim
Haspinger, jene von der Brennerstraße über den Bergisel bis
zur Sill Peter Mayr und den
rechten Flügel östlich der Sili bis
Amras Josef Speckbacher. Zwischen 8 und 9 Uhr früh entbrannte der Kampf auf der ganzen Linie. Die Vormittagsstunden vergingen unter erbitterten
Gefechten beim Hußlhof, Ferrarihof, Lemmenhof und an der
Wiltener Sillbrücke. A m Nachmittag führte Lefèbvre selbst
den Hauptangriff seiner auf den
Wiltener Feldern stehenden
Truppen gegen das Zentrum am
Bergisel, doch konnten die Tiroler den strategischen Plan
Hofers verwirklichen: „Mier
mießn"n Berg halten, der isch
ünser Verlaß. Grad nit aufferlassen tiet es sie!" Die Bergiselstellung konnte bis zum Abend
gehalten werden. Bayern und
Tiroler hatten an diesem Tag an
die 1000 Gefallene zu beklagen.
A m Abend des 14. August
folgte Marschall Lefèbvre dem
Beispiel General Deroys von
der Maischlacht und trat den
Rückzug durch das Unterinntal
an. Andreas Hof er hingegen
zog am 15. August in Innsbruck
ein und amtierte hier nun
gleichsam als kaiserlicher Statthalter bis zum 21. Oktober, als
er sich endgültig vor den neuerlich einrückenden Bayern zurückziehen mußte. Sieben Tage
zuvor hatte der Friede von
Schönbrunn das „bayerische
Schicksal" Tirols bis auf weiteres (bis 1814) besiegelt.