Innsbruck Informiert

Jg.2009

/ Nr.3

- S.45

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STADTGESCHICHTE

Die Weiherburg, Pionierstätte
des Fremdenverkehrs
D i e f r ü h e I n d u s t r i a l i s i e r u n g G r o ß b r i t a n n i e n s a m B e g i n n des
19. J a h r h u n d e r t s f ü h r t e d a z u , dass sich B r i t e n s c h o n b a l d n a c h
d e m Ende d e r napoleonischen Z e i t lange A u f e n t h a l t e und v o r all e m Gesundheitsreisen in die k l i m a t i s c h günstigen M i t t e l g e b i r g s lagen d e r A l p e n leisten k o n n t e n . D e n n T u b e r k u l o s e und Rachitis
h a t t e n d a m a l s in E n g l a n d e p i d e m i s c h e A u s m a ß e a n g e n o m m e n .
Was zunächst überall fehlte, waren
touristische Infrastrukturen und entsprechende Quartiere für diese Gäste.
Die Weiherburg konnte beides bieten:
Die Nähe zu Innsbruck mit seiner imperialen Geschichte, seinem TheaterAus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum
von Dfkm. Peter Loewit
und Konzertleben und seinen Sehenswürdigkeiten, bot reiche Abwechslung
für einen längeren Aufenthalt. Der
Ansitz selbst, seine sonnige, nebelfreie
Lage sowie das schlossartige Ambiente,
war genau das, was die Gäste suchten.
Besitzer der Weiherburg war damals
der angesehene Landrat Josef v.
Attlmayr, der 1827 die Tochter des
Vorbesitzers Philipp v. Wörndle geheiratet hatte. Dank seiner guten Beziehungen folgten höchste Repräsentanten Österreichs und Bayerns seinen
Einladungen auf die Weiherburg. Der
spätere bayrische König Maximilian II.
war hier zu Gast, ebenso Kaiser Ferdinand, Erzherzog Johann oder Fürst
Metternich, um nur einige zu nennen.
Attlmayr ließ den Ansitz in den
Jahren 1833 und 1834 gründlich renovieren und gewann durch die Aufstockung des Mitteltraktes einige Zimmer
dazu. Diese konnte er bereits im
Herbst 1834 an die englische Familie
Townshend vermieten, die den ganzen
W i n t e r hier verbrachte und bis zum
April 1835 blieb. Die Townshend sind
damit die ersten namentlich bekannten
Langzeit-Touristen im Raum Innsbruck.
Sie vermittelten nicht nur andere Gäste,
sie kamen im Herbst 1839 auch selbst
wieder und brachten ihren schwerkranken Freund Richard Tooth mit.

Trotz aufopferungsvoller Pflege verstarb
Tooth im Feber 1840 auf der W e i herburg und wurde knapp oberhalb
des Ansitzes bestattet. Dieses sogenannte Engländergrab ist heute ein
stiller Rastplatz im östlichen Teil des
Alpenzoos. Z u seiner Pflege
ist der jeweiligen Besitzer der
Weiherburg, also derzeit die
Stadt Innsbruck, testamentarisch „auf weltewige Zeiten"
verpflichtet.

Schluss auf die Hälfte ab. Stammgäste,
die über viele Jahre den ganzen Sommer
hier verbrachten, trugen zur langen
Verweildauer bei.
Aber auch noch in anderer Weise
wurde die Weiherburg zur Pionierstätte
des Tourismus. Denn hier wurden
„Kochenlernerinnen", also Lehrlinge
aufgenommen und ausgebildet, die in
neu entstehenden Hotels und Pensionen
als Köchinnen hoch geschätzt wurden.
Die Weiherburg war kein luxuriöses
Schloss-Hotel, sie war „nur" eine ein-

Die Zunahme der Anfragen
aus England veranlassten Josef
v. Attlmayr in den Jahren
1641 und 1842 die Weiherbürg neuerlich aufzustocken.
Die so gewonnenen Räume
waren die ersten für diesen
Das westseitig gelegene Burgtor bildete damals den
Zweck gebauten Fremden- Haupteingang zum alten Ansitz, der überdachte Stiezimmer im Raum Innsbruck. genaufgang führte ab 1841 direkt zur öffentlich zu1859 übernahm sein Sohn gänglichen Schlosskapelle.
StadtarchivIStadtmuseum Innsbruck, Sammlung Kreutz, Sign.: K.R/PL-2389
Richard den Besitz. Er gestaltete den alten Ansitz zur Fremdenfache Fremdenpension, ein vergleichspension mit etwa 20 Zimmern aus
weise kleiner, aber in seiner A r t perund legte 1864 ein Gästebuch an, das
fekter Betrieb. Das persönliche Bebis zur Schließung der Pension im
mühen der Besitzer um ihre Gäste
Herbst 1910 den Aufenthalt von etwa
war spürbar, die liebevolle Ausgestaltung
2500 Personen belegt. Erwartungsgevon Haus und Garten sichtbar. Der
mäß finden sich in den ersten Jahren
Erholungswert für den Gast war hoch,
fast ausschließlich britische Gäste. Bald
deshalb florierte die Pension über Jahraber kamen Touristen aus LISA in grozehnte. Darüber hinaus pflegte Attlmayr
ßer Zahl dazu, die dann bis zum Ende
die aristokratische Geschichte des A n des Betriebes permanent 25 bis 30%
sitzes - von Sigismund dem Münzreider Gästeschar stellten. Ab etwa 1880
chen und Kaiser Maximilian bis zu den
bildeten Europäer aus vielen Ländern,
Besuchen Kaiser Ferdinands und Erzvon Finnland bis Malta, von Russland
herzog Johanns in jüngster Zeit. Das
bis Frankreich, einen großen Teil des
wohlhabende Bürgertum hatte hier
internationalen Publikums.
bereits um die Mitte des 19. JahrhunSoweit es sich aus diesen Eintragungen
entnehmen lässt, betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer anfangs
etwa zwei Monate und sank bis zum

derts die Möglichkeit, an einer Lebensform teilzunehmen und Privilegien
zu genießen, die bisher ausschließlich
dem Adel vorbehalten waren.

PP!
I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - M Ä R Z 2009

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