Innsbruck Informiert
Jg.2021
/ Nr.6
- S.30
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Gesamter Text dieser Seite:
Stadtgeschichte
Das einstige Bäckerjuwel der Alpen
Vor vier Jahren startete das Autoren-Duo mit Unterstützung des
Innsbrucker Stadtarchivs einen Aufruf, um ausreichend Material für eine
Geschichte der Ersten Tiroler Arbeiterbäckerei (ETAB) zu bekommen.
von Karl Eller und Michael Svehla
Brotaufkleber der ETAB, um 1954.
reits 1906 ein neu erbautes und größeres Produktionsgebäude in der Pradler
Straße 68 eröffnen.
© M. SVEHLA (3)
Auf dem Weg zur Großbäckerei
Die ETAB an der Haller Straße in den 1980er-Jahren – ein Bild, das vielen InnsbruckerInnen noch sehr vertraut ist.
H
auptgrundlage bildeten aber die
zahlreichen Geschäftsunterlagen hauptsächlich aus der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Karl Eller
noch aus der Fabrikruine retten konnte.
Für die Zeit ab den 1970er-Jahren waren
es dann vor allem die zahlreichen Interviews, welche Michael Svehla mit ehemaligen MitarbeiterInnen führen konnte
und die ein ganz persönliches Licht auf
die ETAB und ihre Geschichte werfen.
Die Gründung
Als am 8. Oktober 1899 drei Innsbrucker
Bäcker ihre eigene Bäckerei in einer klei58
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nen Backstube in der Maximilianstraße
gründeten, konnte noch niemand ahnen, dass daraus einmal die „größte Bäckerei der Alpenländer“ entstehen werde,
die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt war und deren Erzeugnisse
vom Arlberg über Bozen bis nach Kitzbühel geliefert wurden.
Doch der Reihe nach: Schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne
waren der Anlass zur Gründung einer
„Arbeiter“-Bäckerei, in welcher neben
der Sicherstellung höherer Löhne sowie
besserer hygienischer und arbeitszeitlicher Verhältnisse auch ein an Quan-
tität und Qualität besseres Brot hergestellt werden sollte. Selbstredend war
dies den selbstständigen Innsbrucker
Bäckermeistern ein Dorn im Auge. Proteste und zahlreiche in Umlauf gebrachte falsche Gerüchte standen an der Tagesordnung. Zu diesen Schwierigkeiten
gesellte sich einige Jahre später der unfreiwillige Auszug aus der Maximilianstraße, neue Räumlichkeiten wurden
rasch in der Dreiheiligenstraße gefunden. Doch trotz dieser zahlreichen widrigen Umstände konnte die Arbeiterbäckerei bald erfolgreich Fuß fassen in der
Innsbrucker Bäckerlandschaft und be-
Als auch dort die Produktion zu klein
geworden war, traf man eine weitreichende Entscheidung. An der Haller
Straße sollte die größte und modernste Großbäckerei des Alpenraumes entstehen, die eine eigene Teigwaren- und
später auch noch eine Konditoreiabteilung umfassen sollte. Federführend an
dieser Entwicklung zeichnete neben anderen weiteren bekannten Tiroler Sozialdemokraten wie Simon Abram, Josef
Holzhammer und Martin Rapoldi vor allem eine Person – Johann Orszag, der
seit 1916 als Geschäftsführer im Vorstand vertreten war.
Jedoch sollte ihm keine glückliche Zukunft beschieden sein: Kurz nach dem
Anschluss an Nazi-Deutschland wurde er
denunziert und nahm sich, in Erwartung
einer Verhaftung durch die Gestapo, im
Mai 1938 das Leben. Damit war der Weg
frei für eine Eingliederung der ETAB in die
Stadtwerke Innsbruck.
Erst vier Jahre nach Kriegsende konnte
die ETAB aus diesem Konstrukt wieder
herausgelöst werden, allerdings erlangte sie damit auch nicht mehr ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit, die sie
vor dem Krieg innehatte. Die GöC (Großeinkaufsgesellschaft österreichischer
Consumvereine) übernahm alle Gesellschaftsanteile und traf somit letztlich sämtliche Entscheidungen. In den
1960er- und 1970er-Jahren sollte die
Viele Hände bereiten ein schnelles Ende – bei der Zeilenproduktion.
ETAB noch einmal zu alter Stärke aufblühen, als sie Großkunden wie die Klinik
und mehrere Kasernen belieferte und
beispielsweise 1964 die erste Semmelstraße in Tirol in Betrieb setzte. Mit ihren zahlreichen Filialen war sie seit ihrer
Gründung Vorreiterin eines Unternehmenskonzeptes, welches heute erfolgreich von anderen Tiroler Großbäckereien umgesetzt wird.
des. Dieses verfiel zusehends und wurde durch Vandalenakte im Innenbereich
gänzlich zerstört. 2005 erfolgte schließlich der Abbruch. Auf dem ehemaligen
Gelände der ETAB befindet sich heute
eine Filiale einer Lebensmittelkette.
Der Niedergang
Als 1978 die Gründung des KONSUM
ÖSTERREICH erfolgte, wurde die ETAB in
diese Organisation mitübernommen und
bildete gemeinsam mit anderen österreichischen Großbäckereien einen eigenen Produktionszweig. Zahlreiche Innovationen sowie eine Namensänderung in
Ährenstolz Backwarenbetrieb wurden in
den 1980er- und frühen 1990er-Jahren
gesetzt.
Als der KONSUM ÖSTERREICH schließlich
1994 in den Ausgleich schlitterte, wurde dabei auch die ETAB mitgerissen. Ein
Fortführungskonzept durch die Wiener
Traditionsbäckerei Ankerbrot misslang,
am Ende blieb 1997 die Einstellung der
Eigenproduktion und zwei Jahre später –
zum 100. Geburtstag – die endgültige
Schließung und Demontage des Gebäu-
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