Innsbruck Informiert

Jg.2023

/ Nr.6

- S.43

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und auf den Stadtplatz und in die Hofgasse und in die Burg. Auf dem Wege begleiteten die Leute die Wägen mit Fackeln, und
es war eine unbeschreibliche Freude unter
dem Volke. Dieses war eine sehr merkwürdige Sache.“
So beschrieb ein Zeitzeuge die Ankunft
von Ferdinand I. (1793–1875) und seiner
Familie in Innsbruck im Mai 1848. Was
war geschehen? Nachdem der Kaiser die
Gemüter der Wiener Aufständischen im
März 1848 mit der Abschaffung der Zensur und dem Versprechen, eine Verfassung zu erlassen, vorerst beruhigen konnte, brachen im Mai erneut Unruhen aus. In
dieser Situation flohen er und seine Familie nach Innsbruck, wo sich die „Revolution“ auf einige patriotische Kundgebungen
im März beschränkt hatte. Die Treue zum
Kaiserhaus zeigte sich wenig später auch,
als Schützenkompanien und die akademische Legion der Universität Innsbruck
ins Trentino zogen, um die Tiroler Landesgrenzen vor den Aufständen in der Lombardei zu schützen.

Eine Stadt im Ausnahmezustand
Die Nachricht vom Eintreffen des Kaisers
verbreitete sich rasch in Stadt und Land.
In den folgenden Tagen und Wochen zeigte sich die kaiserliche Familie häufig in der
Öffentlichkeit, unternahm Ausflüge, spazierte auf den Promenaden der Stadt und
in der näheren Umgebung, ständig unter
neugieriger und euphorischer Beobachtung der Bevölkerung. Überall, wo sie sich
zeigten, gab es sofort einen Menschenauflauf: „Deine Brüder gehen jetzt den gan-

zen Tag mit dem Gedanken um, den Kaiser
und die Prinzen zu sehen, besonders Ferdinand, der aber unglücklicherweise neulich einen Bedienten für den Kaiser ansah
und sich‘s durchaus nicht nehmen lassen
wollte“, schrieb etwa eine Innsbruckerin
Ende Mai 1848 an ihren Neffen.
Nach einigen Tagen ließ die Euphorie zwar
leicht nach, die Bevölkerung unterließ die
ständigen Vivat-Rufe „aus Schicklichkeit,
um die fürstlichen Personen durch das
fortwährende Geschrei nicht zu belästigen“; die allgemeine Stimmungslage war
aber immer noch außergewöhnlich. Die
folgenden kirchlichen Feiertage wurden
in diesem Jahr aufgrund der Anwesenheit
der kaiserlichen Familie mit besonderem
Pomp gefeiert. Außerdem organisierte der
Magistrat zum Namensfest des Kaisers ein
Festschießen am Bergisel und zu jenem
seiner Frau einen Festumzug mit Beleuchtung und Feuerwerk. Die gesamte Stadt
befand sich für etwas mehr als zwei Monate im Ausnahmezustand. Innsbruck durfte sich für kurze Zeit als Hauptstadt der
Monarchie fühlen. Denn die Anwesenheit
des Kaisers bedeutete auch, dass zahlreiche Hofbeamte nach Innsbruck reisten
und hier Quartier nahmen. Beständig kamen Diplomaten sowie Deputationen aus
den Kronländern nach Innsbruck, um dem
Kaiser ihre Aufwartung zu machen oder
Forderungen vorzubringen. All diese Menschen mussten untergebracht und versorgt werden. Für den Magistrat bedeutete
das eine finanzielle Belastung, Gastwirte und Handwerker profitierten hingegen.
Trotz „dieses Andranges von Fremden und

Einheimischen“, herrschte – und hier entwarf die loyale Presse wohl auch ein Gegenbild zum revolutionären Wien – „musterhafte Ruhe und Ordnung, was gewiß
wohlthuend nach den stürmischen Tagen
des Mais auf die geliebte kaiserliche Familie“ wirkte.

Abschied von Innsbruck
Ende Juli 1848 zeichnete sich dann die Abreise des Kaisers ab, die schließlich am
8. August erfolgte. Einen Tag später verließen auch seine Familie und der Hofstaat Innsbruck. Die Stadt ließ es sich jedoch nicht nehmen, den Kaiser mit einem
Festakt zu verabschieden, an dem zahlreiche Honoratioren teilnahmen. Im Namen der Stadt bedankte sich der Advokat
Alphons von Pulciani für das „gewährte
ehrenvolle Vertrauen“ und bat gleichzeitig, dass der Kaiser wieder in „diese Burg
in dem Tirolerlande rükzukehren [sic] und
zu weilen [solle]; und sollte diese Huld Tirol nicht werden, daß doch ein Sproß aus
dem Hause Euer Majestät sich hier den
Wohnsitz wähle. Der Grund, die Quelle
dieser Bitte ist der Kinderliebe zu dem Vaterherzen, der Unterthanen Treue zu dem
angestammten Fürsten, des Volkes eigen
Kraft und Biedersinn, die Thaten, die Geschichte.“ Nachdem Ferdinand im Dezember 1848 zugunsten seines Neffen Franz
Joseph (1830–1916) abgedankt hatte, wiederholte der Magistrat sein Angebot. Der
Ex-Kaiser entschied sich jedoch für Prag
und somit blieb sein Aufenthalt im Sommer 1848 eine kurze Episode in der Geschichte Innsbrucks.
INNSBRUCK INFORMIERT

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