Innsbruck Informiert

Jg.2023

/ Nr.1

- S.22

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Stadtgeschichte

50 Jahre Südring
von Michael Svehla

T

rotzdem wird er in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiern – ein
Grund also, uns seine verhältnismäßig kurze Geschichte einmal näher zu betrachten. Der Südring ist einer der, wenn
nicht sogar der bekannteste Straßenzug in
Innsbruck. Denn wer es eilig hat, benutzt
hauptsächlich ihn als die bequemste Verbindung zwischen Ost und West. Doch was
die Wenigsten wissen: Den Südring in seiner heutigen durchgehenden Form von
der Autobahnauffahrt Ost bis zur Freiburger Brücke gibt es eigentlich noch gar nicht

so lange. Und was heutzutage kaum mehr
vorstellbar ist: Bis zum Beginn der 1960erJahre führte sowohl die Burgenlandstraße an ihrem westlichen Ende als auch die
Graßmayrstraße an ihrem östlichen Ende
in eine Sackgasse! Erst der Bau der Olympiabrücke 1963 schaffte eine direkte Verbindung zwischen Pradl und Wilten, denn
die bevorstehenden Olympischen Winterspiele 1964 verlangten regelrecht nach einer raschen Verbindung vom Olympischen
Dorf ins Eisstadion, in die Axamer Lizum
und nach Seefeld. Zuvor musste man stets

umständlich durch die Innenstadt fahren,
um diese Orte erreichen zu können.

Von Feldern, Wiesen und
Straßenstücken

© SAMMLUNG MICHAEL SVEHLA

Mopedfahren ohne Helm, die „1er“ mit Beiwagen und
Bäume in der Straßenmitte – heute undenkbar!

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INNSBRUCK INFORMIERT

Der Südring besteht im Grunde aus der
Aneinanderreihung von insgesamt sieben
Straßen, und jede für sich könnte etliche
Geschichten erzählen. Einige davon wollen
wir näher betrachten: Die Graßmayrstraße, der älteste Abschnitt des Südrings und
heute eines der Nadelöhre im Innsbrucker
Individualverkehr, war bis vor dem Zweiten Weltkrieg eine beschauliche Straße,
die sogar von den Zügen der Arlberg- und
Karwendelbahn überquert worden ist. Ein
Blick in den Tiroler Anzeiger vom Juni 1937
lässt eine längst vergangene Vorstadtatmosphäre wieder aufleben: Die in dieser
Gegend ansässigen Betriebe „verfügen
über Kraftfahrzeuge, zum Teil über schwere Lastwagen und Omnibusse, die an trockenen Tagen Wolken von Staub erzeugen und an nassen Tagen Sprühregen von
Straßenkot auf die Passanten schleudern,
weil die Straßen nicht einmal eine Staubfreidecke besitzen.“ Doch nichts blieb,
wie es war: Die Bombenangriffe der Jahre
1943 bis 1945 zerstörten fast alle damaligen Villen und mit dem Bau der Konzertkurve 1956 bekam die Eisenbahn endlich
eine eigene Trasse.
Die Amraser-See-Straße erhielt ihre Bezeichnung erst um 1951 mit dem Bau der
einstöckigen Mehrparteienhäuser an deren nördlichen Seite, die wiederum selbst

Welch beschauliche Atmosphäre
zeigte der Blick vom
ehemaligen Westbahnviadukt auf die
Egger-Lienz-Straße
um 1950!

© STADTARCHIV/STADTMUSEUM INNSBRUCK, SAMMLUNG WALTER KREUTZ

Innsbruck besitzt im Gegensatz zu Wien nur einen Straßen-Ring
und dieser trägt weder eine originelle Bezeichnung noch verfügt
er über eine längere historische Geschichte.

schon seit rund zwanzig Jahren durch
Neubauten ersetzt worden sind. Die Straße war bis zu deren Ausbau ab 1970 nur
eine zweispurige Nebenstraße, gesäumt
von alten Amraser Bauernhöfen hauptsächlich an ihrer Südseite, die beinahe
alle der Straßenverbreiterung zum Opfer
fielen.
Die Burgenlandstraße, die seit 1931 diesen Namen trägt, war bis in die 1960erJahre noch recht dünn besiedelt. Entlang
der Straße lagen nur die 1937 südlich davon erbauten Kleinwohnungshäuser und
einige wenige Villen, die einen beschaulichen Sonntagsspaziergang zwischen
Wiesen und Feldern bis zur damaligen
St. Konrad-Kapelle beim Militärspital möglich machten. Im Oktober 1936 wusste der
Tiroler Anzeiger zu berichten, dass einem
Amraser Bauern dort direkt von seinem
Feld weg rund 200 Kilogramm Maiskolben
gestohlen wurden.
Die Anton-Melzer-Straße ist auf den Stadtplänen vor 1960 gar nicht erst zu finden,
auch kein alter Flurweg nimmt den zukünftigen Straßenverlauf vorweg. Die
simple Erklärung dafür: Es handelt sich
um ein neu erschaffenes Straßenstück,
welches im Zuge des Baues der Konzertkurve eine ideale geradlinige Verbin-

dung zur Egger-Lienz-Straße ermöglichte. Doch auf diesem kürzesten Stück des
Südrings war baulich gesehen allerhand
los: der Cineplexx-Palast ist nach dem
Kinderheim der Kinderfreunde Tirol und
dem Kaufhaus FORUM bereits der dritte
Bau an dieser Stelle.
Weiter westlich musste man, um den Inn
in Richtung Höttinger Au überqueren zu
können, bis 1981 (Eröffnung der Freiburger Brücke) von der Holzhammerstraße
kommend über den Innrain zur Universitätsbrücke fahren. Kaum mehr vorstellbar bei unserem heutigen Verkehrsaufkommen!

Vergangene Visionen
Am Ende seien noch zwei interessante Details angeführt: Bereits 1937 gab es konkrete Überlegungen erstens zu einer Umfahrungsstraße, welche ausgehend von
der geplanten Innbrücke in der Reichenau
über die Burgenlandstraße und einer damals bereits projektierten Überführung
des Hauptbahnhofes bis hin zur Brennerstraße führen sollte, sowie zweitens zu einer neuen Brücke in der verlängerten Holzhammerstraße, deren Realisierung jedoch
an den damals im Eigentum der Fa. Huter
u. Söhne stehenden Grundstücken scheitern sollte.

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