Innsbruck Informiert
Jg.2023
/ Nr.4
- S.23
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Gesamter Text dieser Seite:
Innsbruck vor 100 Jahren
Aus dem Stadtarchiv von Martin Glotz
© STADTARCHIV/STADTMUSEUM (2)
Marktplatz mit Ursulinenkirche, ohne Datum.
4. April
Vom Tiroler Landeshaushalte. Gebahrungsausweis vom 2. April bis 2. Mai 1923.
Erfordernis 4.278.5 Millionen Kronen. Hievon entfallen auf: Gehälter und Pensionen
der Beamten 633 Millionen, Gehälter und
Pensionen der Lehrer 1881 Millionen, Landesirrenanstalt Hall 160 Millionen, Landwirtschaftliche Landeslehranstalten 106
Millionen, Oeffentliche Bauten 803 Millionen, Spitäler und Krankenverpflegskosten
302.5 Millionen. Bedeckung 3.762 Millionen
Kronen; Abgang 516.5 Millionen Kronen.
7. April
Innsbrucker Lebensmittelmarkt. Mit
der fortschreitenden Jahreszeit treten auf
dem Gemüsemarkt immer mehr Händler auf; es ergibt sich dadurch die Notwendigkeit, Händler und Produzenten zu
trennen und diese aus der Seite längs des
Ursulinenklosters aufzustellen. Der Gemüsemarkt erhält dadurch sein gewohntes Gepräge und einen erhöhten Verkehr.
In der Berichtswoche gab es den ersten
einheimischen Salat, den sogenannten Fenstersalat; da er mit viel Mühe im
Treibhaus gezogen ist, ist auch der Preis
dementsprechend hoch. Die Nachfrage ist
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nicht sonderlich, da ausreichend italienischer Salat vorhanden ist. Auch die ersten Schwämme, Ritterlinge und Lorcheln,
waren angeboten. Die große Knappheit
an Butter hält an, dabei herrscht ziemliche Nachfrage, die kaum gedeckt werden
kann. Das Angebot an Eiern ist befriedigend, bemerkenswert wäre das Angebot
an Gänseeiern. Fleisch- und Fischpreise
blieben in der Berichtswoche unverändert.
9. April
Hofrat Franz Wieser †. Gestern vormittag
ist in Innsbruck der ehemalige Professor
der Geographie an der Universität Innsbruck und langjährige Vorstand des Museums „Ferdinandeum", Hofrat Dr. Franz
Ritter v. Wieser im Alter von 75 Jahren
gestorben. Hofrat Wieser, der am 18. Oktober 1848 geboren worden war, hat sich
während seines langen Lebens als akademischer Lehrer, als Vorstand des durch ihn
zu so hoher Blüte gebrachten Museums
„Ferdinandeum" und als Landeskonservator für Denkmalpflege, sowie als Gelehrter
auf dem Gebiete der Geographie wie der
Prähistorie und der tirolischen Kunstgeschichte unvergängliche Verdienste erworben. Hofrat Wieser wurde wiederholt
geehrt. So wurde er seinerzeit zum wirklichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und vor einigen Jahren
zum Ehrenmitglied des Museums „Ferdinandeum" ernannt. Wir werden das Schaffen dieses unermüdlich tätig gewesenen
Gelehrten noch eingehend würdigen.
Parte von Franz Wieser in den Innsbrucker
Nachrichten vom 9. April 1923.
16. April
Das Brot wird teuerer! Wenn auch das Mehl
eine sinkende Preistendenz aufweist, so
wirkt die Warenumsatzsteuer doch auf alle
Lebensmittel preiserhöhend. Deshalb hat
auch die Innsbrucker Bäckergenossenschaft
das Kilo Schwarzbrot um 200 K und das Kilo
Weißbrot um 400 K im Preise erhöht, während halbweißes Brot und Kleingebäck im
Preise unverändert bleiben. Es werden daher ab Montag folgende Brotpreise gelten: 1
Kilo Schwarzbrot 8100 K, 1 Kilo Halbweißes
6800 K, 1 Kilo Weißbrot 8000 K (per Wecken zu ½ Kilo 4000 K, eine Zeilensemmel
2000 K).
19. April
Fußbälle für Mittelschüler. Der Schweizer Fußballverband hat durch den österreichischen Fußballverband einige neue
Fußbälle als Spende übermittelt, mit der
ausdrücklichen Bestimmung, daß diese
Bälle Schulen zukommen sollen. Diese
Bälle schreibt der Fußballverband als Preise für gute Schülermannschaften aus. Sie
können nach den Cupspielregeln von den
Schülermannschaften erworben werden.
Anmeldungen von Schülermannschaften
bis 30. April beim Fußballverband. An die
Direktionen ergeht vom Verband das Ersuchen, Schülermannschaften zusammenstellen zu lassen. Nähere Auskünfte erteilt
der Fußballverband in der Museumstraße.
21. April
Ein Föhnsturm von ungewöhnlicher Stärke durchlebte die vergangene Nacht bis in
die Morgenstunden das Innsbrucker Stadtgebiet. Gegen Mitternacht erhob sich der
Sturm und wuchs immer mehr an, heulte
und pfiff durch Kamine, rüttelte an den
Fensterläden und Türen, weckte wohl die
ganze Bevölkerung aus dem Schlaf. Ob der
Kampf in den Lüften die Wetterwolken
zerstreut oder erst recht schwere Regenwolken zusammentreibt, wird sich im Laufe des heutigen Tages erst zeigen.
23. April
Jugend von heute. Ein 14- und ein 18-jähriger Bursche, beide schon vorbestraft,
sind gute Freunde. Der Aeltere hat vor
einigen Tagen seiner Mutter, einer armen
Witwe, die nur geringe Pension bezieht,
ihre Kleider, Wäsche und Schmuck gestohlen und verkauft. Seiner Mutter sandte er
ein Telegramm, man möge sich um ihn
nicht kümmern, er werde schon wieder
kommen. Die beiden Burschen haben
den Erlös der gestohlenen Gegenstände
(1½ Millionen K) in zwei Tagen verbraucht.
Sie besuchten Theater, Restaurants, Kaffeehäuser, spielten Hasard, und waren
sehr freigebig. Im Theater hatten sie eine
Loge gemietet und von dort aus Blumen
auf die Bühne geworfen. Dadurch lenkten
sie die Aufmerksamkeit des anwesenden
Polizeibeamten auf sich, der die Burschen
zur Ausweisleistung anhielt. Da die Mutter
von einer Anzeige Abstand nahm, konnte
eine gerichtliche Verfolgung der Burschen,
für die wohl eine Tracht Prügel die beste
Kur wäre, nicht eingeleitet werden.
30. April
Das Bier wird wieder teuerer! Der Brauereiverband für Nordtirol hat den Bierausschankpreis für einen Liter auf 4600 K,
für einen halben Liter auf 2300 K, für drei
Zehntel Liter auf 1600 K und für einen halben Liter Flaschenbier auf 2700 K erhöht.
Die neuen Preise treten schon morgen
(wohl zur besonderen Feier des 1. Mai) in
Kraft.
Anmerkung
Im Jahre 1923 entsprach der
Kaufwert von 1000 Kronen in
etwa dem heutigen Gegenwert von € 0,54.
Soeben erschienen
Egger, Matthias/Morscher, Lukas (Hrsg.)
„Kanalisation ist eine ganz nette Sache ...“
Aspekte der Infrastruktur in der Innsbrucker Altstadt
(Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs,
Neue Folge 76
Innsbruck 2023
19,90 €
ISBN 978-3-7030-6592-7
220 Seiten, gebunden
Erhältlich im Stadtarchiv/Stadtmuseum
Innsbruck und im gut sortierten Buchhandel.
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Infrastruktur und ihre fundamentale Bedeutung für das Leben in einer Stadt wie
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