Innsbruck Informiert
Jg.2023
/ Nr.11
- S.42
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Stadtgeschichte
Der Innsbrucker Frauenverein
Wohltätigkeit, Bildung oder der Kampf um die Gleichberechtigung
von Frauen und Männern: Das Betätigungsfeld der Innsbrucker
Frauenvereine im 19. und 20. Jahrhundert war vielfältig.
von Verena Kaiser
© STADTARCHIV/STADTMUSEUM (2)
Virginia Brunner (Mitte),
vermutlich mit Mitgliedern
des Tiroler Hausfrauenvereins
D
ie Anfänge der Frauenvereine
im Habsburgerreich können um
das Jahr 1810 herum datiert werden, allerdings wurden sie erst Mitte des
19. Jahrhunderts zunehmend aktiver. Den
(bürgerlichen) Frauen bot sich die Möglichkeit, die privaten Räumlichkeiten zu
verlassen und in der Öffentlichkeit tätig zu
werden. Sie lernten, ihre eigenen Interessen zu artikulieren und sich zum Erreichen
ihrer Ziele mit anderen zu solidarisieren.
Im Zuge dessen konnten Frauen erstmals
an demokratischen Prozessen teilnehmen
und in das politische Leben hineinschnuppern, denn auch Frauenvereine hielten regelmäßig Versammlungen ab, benötigten
einen Vereinsvorstand oder mussten ihre
Ziele vor größeren Gruppen überzeugend
vermitteln. Allerdings gab es auch in diesem neugewonnenen Lebensbereich Ein42
INNSBRUCK INFORMIERT
schränkungen, denn „[…] Frauenspersonen
[…] dürfen als Mitglieder politischer Vereine nicht aufgenommen werden“ (§30 des
Vereinsgesetzes von 1867).
Mehr als nur Söckchen stricken
Die ersten Frauenvereine in Innsbruck betätigten sich insbesondere im Sozialbereich. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts nahm
die Arbeit außer Haus bei beiden Elternteilen zu, wodurch es zu Schwierigkeiten bei
der Kinderbetreuung kam. Kaiser Franz I.
rief daher zur Gründung sogenannter Kinderbewahranstalten auf, in denen Kinder
bis zum fünften Lebensjahr aufgenommen
werden sollten. 1834 wurde der Frauenverein zur Beförderung der Kleinkinder-Bewahranstalten und weiblichen IndustrieSchule in Innsbruck gegründet. Der Verein
förderte drei Bewahranstalten, jene in der
Museumstraße, in St. Nikolaus sowie in
Dreiheiligen und versorgte diese mit Kleidung und Spielwaren. Die Mitgliederliste enthielt viele Namen der Tiroler Oberschicht, etwa Enzenberg, von Wolkenstein
und Trapp, um nur einige zu nennen. Ein
weiterer Wohltätigkeitsverein war der
Elisabethen-Verein. Dieser widmete sich
der Armen- und Krankenpflege sowie der
Versorgung und Ausbildung von Dienstbotinnen. Im Jahr 1904 löste sich der Verein
auf und die Tätigkeiten wurden von den
Barmherzigen Schwestern übernommen.
Die Wohltätigkeit sollte jedoch nicht das
einzige Tätigkeitsfeld der Frauenvereine
bleiben. Die Innsbruckerin Virginia Brunner
(1857–1947) ist dafür bekannt, mehrere
Frauenvereine in der Stadt gegründet und
geleitet zu haben. Mit dem Tiroler Hausfrauenverein gründete sie 1905 eine Or-